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  • AutorenbildSeelenlabor

Warum versuchen wir psychische Erkrankungen zu verstecken, obwohl sie unsichtbar sind?



Liebe Leute,

unter Depressionen, Angststörungen oder anderen psychischen Erkrankungen zu leiden, ist kein Zuckerschlecken. Nicht umsonst gehören solche Erkrankungen zu denen, mit den höchsten DALY-Raten weltweit. Häh, DALY? Das steht für Disability Adjusted Live Years, also solche Lebensjahre, die man mit Erkrankung lebt bzw. verliert, weil man vorzeitig stirbt. Einfach gesagt, eine Zahl, die uns zeigen soll, wie viele gesunde Jahre wir durch die Erkrankung verlieren. In Deutschland rangieren psychische und Verhaltensstörungen dabei übrigens auf Platz vier!


Und da sind wir schon beim Thema. Wenn ihr an einer psychischen Erkrankung leidet, dann seid ihr – Überraschung! – krank. Auch wenn man euch diese Erkrankungen oft nicht ansieht. Niemand ist gerne krank, aber das kann man sich leider nicht aussuchen, und – wieder Überraschung! – wir sind daran nicht schuld! Es ist extrem wichtig zu verstehen, dass ihr, wenn ihr unter Depressionen, Schizophrenie etc. leidet, krank seid. Das hört sich komisch an, ist aber deshalb so wichtig, weil wir leider immer noch in einer Gesellschaft leben, in der einige Menschen das nicht verstehen oder verstehen wollen. Immer noch zeigen Studien, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen sich schämen, sich nicht trauen darüber zu sprechen. In Studien wird auch oft gefragt, inwieweit die Befragten ein Problem damit hätten, psychisch Erkrankte als Nachbarn oder Arbeitskollegen zu haben. Zwar antworten mittlerweile viele, dass sie das nicht hätten (zumindest bei Depressionen), dennoch zeigt es, dass psychische Erkrankungen immer noch anders behandelt und angesehen werden als andere, rein „körperliche“, Erkrankungen.


Warum das Versteckspiel bei Depressionen & Co.?

Wenn ihr euch überlegt, wie psychisch erkrankte Menschen lange Zeit – naja, bis heute – beschrieben und behandelt werden, dann werdet ihr schnell merken, dass euch da nicht viel Positives zu einfällt. Allein das Wort Psychiatrie lässt Bilder von Zwang und Unmündigkeit im Kopf entstehen, von dem Wort Klapse wollen wir gar nicht erst reden. Bis heute halten sich Mythen, dass depressive Menschen einfach nur faul sind, Menschen mit Schizophrenie gefährlich und Angsterkrankte sich doch nur ein bisschen zusammenreißen müssten. Auch wenn viele Menschen mittlerweile verstanden haben, dass das nicht so ist, es sind immer noch zu wenige. Eine Vorstellung, die unsere Gesellschaft und unser Denken so lange geprägt hat, lässt sich nicht mit ein paar Kampagnen und Instagramposts auslöschen, das dauert einfach. Wir sind auf einem guten Weg, gefühlt haben wir uns aber gerade erst auf den Weg gemacht. Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon!


Wir übernehmen die Mythen

Wenn ihr also unter einer psychischen Erkrankung leidet, wird euch das irgendwann bewusst, und automatisch wird euch auch bewusst, wie unsere Gesellschaft über solche Erkrankungen denkt. Natürlich möchte keiner von uns als faul oder gefährlich angesehen werden, also halten es viele Betroffene für besser, ihre Erkrankung geheim zu halten. Wir übernehmen die Mythen, die in der Gesellschaft herrschen für uns selbst und glauben im schlimmsten Fall am Ende, dass wir diese Depression nicht wegbekommen, weil wir einfach zu faul und zu unfähig sind. Wir kämpfen also nicht nur mit dem Stigma, das in der Gesellschaft herrscht, sondern übernehmen es und stigmatisieren uns oft noch selbst. Das ist fatal, weil es dazu führt, dass wir uns schämen, nicht drüber reden und uns so keine Hilfe holen. Doch genau das wäre so wichtig, denn je eher wir uns Hilfe holen, desto besser und schneller können wir wieder genesen.


Verstecken - eigentlich eine natürliche Reaktion

Mit all dem Druck von außen ist es doch eigentlich ein ganz normaler Vorgang, sich erstmal zu schämen und zurückzuziehen, denke ich. Deshalb sollte sich keiner dafür verurteilen, weil er sich nicht traut, über die Erkrankung zu sprechen! Woher sollen wir wissen, wie Freunde, Angehörige oder der Arbeitgeber darauf reagieren. Es ist ganz normal, davor Angst zu haben. Außerdem habt ihr bei einer solchen Erkrankung erstmal ganz andere Probleme. Ihr versucht zu funktionieren, den Alltag irgendwie aufrechtzuerhalten und kämpft einfach nur. Da fällt es schwer, auch noch über die Erkrankung zu reden, vor allem, wenn man damit rechnen muss, dass man vielleicht nicht ernstgenommen wird. Das ist völlig ok.


ABER!

Über den Schatten zu springen (auch wenn er riesig ist) und über die Erkrankung zu reden, ist der erste Schritt in Richtung Genesung. Nur wenn ihr redet und euch Hilfe holt, können Behandlungen und Therapien ans Laufen gebracht werden, die euch helfen, wieder gesund zu werden. Reden holt euch da wieder raus! Vielleicht klappt das nicht immer beim ersten Versuch, weil ihr nicht ernstgenommen werdet. Dann ist es ok, erstmal enttäuscht und entmutigt zu sein. Aber macht trotzdem weiter. Wenn ihr das Gefühl habt, ihr könnt mit Freunden oder Angehörigen nicht darüber sprechen, dann geht zum Hausarzt oder wendet euch an eine der Stellen, die ich euch zum Beispiel auf meiner Hilfeseite aufgelistet habe. Aber bitte redet! Es ist nicht einfach, aber es hilft. Glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede.


Also, wenn ihr in letzter Zeit unter psychischen Problemen leidet (was in diesen Zeiten echt verständlich ist!), dann überlegt euch, wem ihr euch anvertrauen könnt und tut das bitte.

Auf meiner Hilfeseite findet ihr Anlaufstellen und Telefonnummern: Link


Reden hilft.


Teile diesen Post gerne mit Menschen, denen er helfen könnte.








Quellen:

Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Krankheitslast in Deutschland.

https://www.gbe-bund.de/gbe/abrechnung.prc_abr_test_logon?p_uid=gast&p_aid=0&p_knoten=FID&p_sprache=D&p_suchstring=24311#m5*


The Lancet. Global, regional, and national burden of 12 mental disorders in 204 countries and territories, 1990–2019: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2019. Published: January 10, 2022. DOI: https://doi.org/10.1016/S2215-0366(21)00395-3


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