
EMPOWERMENT
Empowerment
Menschen dazu befähigen, die eigenen Stärken und Ressourcen zu nutzen, um Leben und (psychische) Gesundheit selbst zu gestalten.
Wie sieht es damit in Bezug auf psychische Erkrankungen aus?
Es ist gerade bei psychischen Erkrankungen enorm wichtig, dass Menschen selbstbestimmt und durch eigene Stärken und Ressourcen daran mitwirken, die Erkrankung zu verstehen und zu heilen oder die Symptome zu lindern. Psychisch erkrankte Menschen werden aber gerne als schwach, überfordert oder hilflos angesehen. Viele lernen leider auch im Verlauf der Erkrankung und des Lebens, dass sie an ihrer Situation vermeintlich nichts ändern können. Diese erlernte Hilflosigkeit führt dazu, dass sie manchmal nicht mehr in der Lage sind, sich Hilfe zu holen. Sie erleben Ausgrenzung und Stigmatisierung, kurz gesagt: das Gegenteil von Empowerment.
Mut, Ausdauer - Respekt!
Gerade psychisch erkrankte Menschen brauchen extrem viel Power, um mit ihrer Erkrankung klarzukommen, und zwar tagtäglich. Eine Depression lässt sich nicht allein mit Willensstärke heilen, weil unter anderem chemische Prozesse im Gehirn eine Rolle spielen, aber dennoch zeigen viele psychisch Erkrankte enorme Willensstärke im Umgang mit ihrer Krankheit. Ohne diese Willensstärke und Bewältigungsstrategien, ohne Mut, Ausdauer und Selbstreflexion könnten viele Betroffene ihren Alltag gar nicht aufrechterhalten. Denn mit einem Gang zum Arzt und einem Rezept ist es hier nicht getan. Diese Erkrankungen beeinflussen den kompletten Lebensalltag, den Umgang mit sich und anderen Menschen und den Blick auf sich selbst. Bis zur Diagnose und Therapie vergeht oft sehr viel Zeit, in der Betroffene meist ohne professionelle Hilfe versuchen, weiter zu funktionieren. Im Verlauf der Erkrankung aktivieren sie Stärken und Ressourcen, die leider viel zu wenig Aufmerksamkeit erhalten. Viele Betroffene berichten, dass ihnen die Krankheit zu einer inneren Stärke verholfen hat, die sie vielleicht sonst nicht entdeckt hätten. Dazu brauchen sie den Mut, sich mit ihrer Erkrankung, ihrer Persönlichkeit und Vergangenheit zu beschäftigen und sehr viel Durchhaltevermögen. Dafür haben sie den größten Respekt verdient!
Erfahrungen wertschätzen und Wissen teilen
Wir sollten aufhören, psychisch kranke Menschen als schwach und hilflos darzustellen. Denn das sind sie nicht. Auch wenn sie sich zurückziehen und nicht mehr in der Lage sind, „normal“ am Leben teilzunehmen, benötigen sie dennoch tagtäglich eine große innere Stärke, allein um mit dem zurückgezogenen Leben in den eigenen vier Wänden klarzukommen – von der Welt da draußen ganz zu schweigen. Viele Dinge, die für nicht Betroffene ganz normal und einfach sind, können von Erkrankten nur unter großer Kraftanstrengung erledigt werden, wie morgens aufstehen, Einkaufen oder Telefonieren. Dennoch tun sie es oft, jeden Tag.
Die Kompetenzen und Erfahrungen, die Betroffene im Laufe der Erkrankung sammeln, sollten akzeptiert und respektiert werden, von Ärzten, Therapeuten, Arbeitgebern sowie Freunden und Familie. Die Erkrankung ist ein Teil des Menschen – ein Teil, neben vielen anderen gesunden Teilen. Jeder Erkrankte hat daher das Recht, selbstbestimmt an seiner Genesung mitzuwirken und als gleichberechtigt behandelt zu werden. Vielmehr noch sollte es ganz normal werden, dass Betroffene über ihre Erfahrungen sprechen können, ihren Beitrag leisten und Ideen teilen, um auch anderen zu helfen. Lasst uns dieses Wissen viel mehr nutzen, um zu zeigen, dass es möglich ist, mit der Erkrankung zu leben oder sie zu heilen.
Auf Augenhöhe
Auch wenn psychische Erkrankungen oft zu Veränderungen im Wesen und Verhalten führen, vergesst nicht, dass dahinter immer noch der Mensch steckt, den ihr eigentlich kennt. Im Umgang mit Betroffenen ist es wichtig, daran zu denken und sie daran zu erinnern, dass sie durchaus viele Stärken und Ressourcen haben, die sie nutzen können. Sie möchten aber nicht bevormundet werden, sie wissen in den meisten Situationen selbst sehr gut, was geht und was nicht und warum, denn sie haben es wahrscheinlich lange beobachtet und analysiert. Wenn sie es nicht wissen oder gerade nicht stark sein wollen, akzeptiert auch das. Fragt Betroffene, was ihnen in bestimmten Momenten helfen kann und was nicht, oder versucht es gemeinsam mit ihnen herauszufinden. Viele benötigen Begleitung und Unterstützung, aber nehmt ihnen nicht alles ab, nach dem Motto „das schaffst du eh nicht“.

Schaut, was geht, und was nicht.
Kommuniziert auf Augenhöhe und respektiert die Anstrengungen, die Betroffene unternehmen, um weiterhin am Leben teilzuhaben.
Feiert auch die kleinen Erfolge, für Betroffene sind es große Erfolge!
Unterstützt sie dabei, ihre Power zu entdecken und zu nutzen.